Eine kurze Antwort auf die Frage könnte sein, dass nach der Verleihung des Nobelpreises an Einstein im Jahr 1922 viele Leute den Eindruck hatten, dass er für die Relativitätstheorie ausgezeichnet worden war, und dass er folglich nur wenige oder keine weiteren Nominierungen für einen zweiten Nobelpreis erhielt. Ich erinnere mich, eine biographische Aussage in diesem Sinne gesehen zu haben (aber ich kann die Referenz jetzt nicht mehr finden).
Was jedoch aus zitierbaren Aufzeichnungen hervorgeht und einen Mangel an weiteren Nominierungen verständlich macht, ist, dass vieles in den Aufzeichnungen durchaus zu der irrigen Vorstellung führen könnte, dass Einsteins Preis tatsächlich für die Relativitätstheorie verliehen worden sei. Die folgenden Beispiele würden zu einem solchen irrigen Eindruck beitragen.
Erstens herrschte in den Medien Verwirrung über den Gegenstand der Auszeichnung. Als die New York Times den Preis an Einstein ankündigte, erwähnte sie zweideutig die Relativitätstheorie, aber kein Wort über das eigentliche Thema des Preises, Einsteins Studie und Ergebnisse über den photoelektrischen Effekt:
„NOBELPREIS FÜR EINSTEIN. Das Nobelkomitee hat den Physikpreis für das Jahr 1921 an den deutschen Professor Dr. Albert Einstein, identifiziert mit der Relativitätstheorie, und den für das Jahr 1922 an den Kopenhagener Professor Neils {sic} Bohr verliehen.“
— aus New York Times, 10. Nov. 1922, Seite 4.
Zweitens ergibt sich die Verwirrung auch aus den Umständen der Verleihung und dem darauf folgenden Vortrag. Das übliche Muster ist, dass Nobelpreisträger einen Vortrag über das Thema ihres Preises halten. Es gibt tatsächlich einen Vortrag von Einstein in den Nobelarchiven, aber er handelt nicht vom Thema seines Preises, sondern von der Relativitätstheorie: The Nobel Prize in Physics 1921 — Einstein Nobel lecture (11. Juli 1923). Der Hintergrund erklärt dies einigermaßen. Als Einstein die Nachricht von seiner Auszeichnung erhielt, war er bereits auf dem Weg nach Japan und konnte vielleicht nicht persönlich an der Preisverleihung teilnehmen, jedenfalls war er nicht anwesend (Abraham Pais (1982, Oxford UP), ‚Subtle is the Lord‘ : the science and the life of Albert Einstein‘ auf S.503). Bei der Preisverleihung am 10. Dezember 1922 nahm Rudolf Nadolny, der deutsche Botschafter in Schweden, den Nobelpreis in Einsteins Namen entgegen und machte diplomatische Anerkennungen in seinem Namen — und natürlich war das Gesagte ohne wissenschaftlichen Inhalt.
Nach der Nobelpreisverleihung wurde Einstein nach Schweden eingeladen, um einen Vortrag über ein Thema „seiner Wahl“ zu halten. Das hat wohl das Wasser getrübt und die Verwirrung über das Thema des Preises noch größer gemacht.
„Im März 1923 schrieb Svante Arrhenius, eines der Komitee-Mitglieder, an Einstein und schlug ihm vor, mit seinem Besuch in Schweden nicht bis Dezember zu warten, sondern im Juli zu kommen. Er könnte dann an einem Treffen der Skandinavischen Gesellschaft der Wissenschaften in Göteborg anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Gründung dieser Stadt teilnehmen. Arrhenius überließ Einstein die Wahl des Themas für einen allgemeinen Vortrag, „aber es ist sicher, dass man für einen Vortrag über Ihre Relativitätstheorie sehr dankbar wäre“. Einstein antwortete, er sei mit diesem Vorschlag einverstanden, obwohl er es vorgezogen hätte, über die einheitliche Feldtheorie zu sprechen.“
— Pais (1982, zit. n.), S.505.
Einstein, als er schließlich einige Monate nach der Nobelpreisverleihung in Schweden eintraf, hielt tatsächlich einen Vortrag über die Relativitätstheorie. Sein Vortrag war nicht formell mit der Nobelpreisverleihung verbunden, er wurde auf einer wissenschaftlichen Tagung in Göteborg gehalten. Aber er ist in den Archiven unter den Nobelvorträgen aufbewahrt, und es ist ein wenig schwierig, Hinweise zu finden, die den Zusammenhang zwischen dem Vortrag und dem Preis deutlich machen. In der englischen Übersetzung von Einsteins Vortrag (aber nicht in der deutschen Originalfassung) ist (jetzt) eine kleine Fußnote eingefügt. Das Material ist mit „Nobel-Vorlesung“ überschrieben und die Fußnote zur englischen Version lautet: „The Lecture was not delivered on the occasion of the Nobel Prize award, and did not, therefore, concern the discovery of the photoelectric effect.“
Diese Kombination von Ereignissen und Aufzeichnungen war von Natur aus geeignet, die verwirrte Vorstellung zu verstärken, dass Einstein tatsächlich bereits einen Nobelpreis für die Relativitätstheorie erhalten hatte. Irrtümer und Mythen sind aus geringeren Gründen entstanden als das.