Vodou, auch Voodoo, Voudou, Vodun, oder französisch Vaudou genannt, ist eine traditionelle afro-haitianische Religion. Vodou stellt einen Synkretismus der westafrikanischen Vodun-Religion und des römischen Katholizismus durch die Nachfahren der Dahomean, Kongo, Yoruba und anderer ethnischer Gruppen dar, die im 16. und 17. Jahrhundert von römisch-katholischen Missionaren versklavt und nach dem kolonialen Saint-Domingue (wie Haiti damals hieß) transportiert und teilweise christianisiert wurden. Das Wort Vodou bedeutet „Geist“ oder „Gottheit“ in der Fon-Sprache des afrikanischen Königreichs Dahomey (heute Benin).
Vodou ist eine Weltanschauung, die Philosophie, Medizin, Gerechtigkeit und Religion umfasst. Ihr Grundprinzip ist, dass alles Geist ist. Die Menschen sind Geister, die die sichtbare Welt bewohnen. Die unsichtbare Welt wird bevölkert von lwa (Geister), mystè (Mysterien), anvizib (die Unsichtbaren), zanj (Engel) und den Geistern der Vorfahren und der kürzlich Verstorbenen. Man glaubt, dass all diese Geister in einem mythischen Land namens Ginen leben, einem kosmischen „Afrika“. Der Gott der christlichen Bibel wird als Schöpfer sowohl des Universums als auch der Geister verstanden; die Geister wurden von Gott geschaffen, um ihm zu helfen, die Menschheit und die natürliche Welt zu regieren.
Das primäre Ziel und die Aktivität des Vodou ist es, sevi lwa („den Geistern zu dienen“) – Gebete darzubringen und verschiedene Andachtsriten auszuführen, die an Gott und bestimmte Geister gerichtet sind, als Gegenleistung für Gesundheit, Schutz und Gunst. Geisterbesessenheit spielt in der afro-haitianischen Religion, wie auch in vielen anderen Weltreligionen, eine wichtige Rolle. Während religiöser Rituale versetzen sich die Gläubigen manchmal in einen tranceähnlichen Zustand, in dem sie essen und trinken, stilisierte Tänze aufführen, übernatürlich inspirierte Ratschläge erteilen oder medizinische Heilungen oder besondere körperliche Leistungen vollbringen; diese Handlungen zeigen die leibhaftige Präsenz des lwa im entrückten Gläubigen. Die rituellen Aktivitäten des Vodou (z.B. Gebet, Gesang, Tanz und Gesten) zielen darauf ab, das Gleichgewicht und die Energie in den Beziehungen zwischen den Menschen und zwischen den Menschen und den Geistern der unsichtbaren Welt zu verfeinern und wiederherzustellen.
Vodou ist eine mündliche Tradition, die von Großfamilien praktiziert wird, die die Familiengeister zusammen mit den notwendigen Andachtspraktiken von ihren Ältesten erben. In den Städten bilden lokale Hierarchien von Priesterinnen oder Priestern (manbo und oungan), „Kindern der Geister“ (ounsi) und rituellen Trommlern (ountògi) formellere „Gesellschaften“ oder „Kongregationen“ (sosyete). In diesen Versammlungen wird das Wissen durch ein Initiationsritual (kanzo) weitergegeben, bei dem der Körper zum Ort der spirituellen Transformation wird. Es gibt einige regionale Unterschiede in der rituellen Praxis in Haiti, und die Zweige der Religion umfassen Rada, Daome, Ibo, Nago, Dereal, Manding, Petwo und Kongo. Es gibt keine zentralisierte Hierarchie, keinen einzelnen Führer und keinen offiziellen Sprecher, aber verschiedene Gruppen versuchen manchmal, solche offiziellen Strukturen zu schaffen. Es gibt auch Geheimbünde, die Bizango oder Sanpwèl genannt werden und eine religiös-juristische Funktion ausüben.
Ein Kalender mit rituellen Festen, der mit dem römisch-katholischen Kalender synkretisiert ist, gibt den Jahresrhythmus der religiösen Praxis vor. Wichtige lwa werden an Heiligentagen gefeiert (z. B.: Ogou am St. James’s Day, 25. Juli; Ezili Danto am Fest Unserer Lieben Frau vom Berg Karmel, 16. Juli; Danbala am St. Patrick’s Day, 17. März; und die Geister der Vorfahren an Allerheiligen und Allerseelen, 1. und 2. November). Viele andere familiäre Feste (für die heiligen Kinder, für die Armen, für bestimmte Vorfahren) sowie Einweihungen und Begräbnisrituale finden das ganze Jahr über statt.