Einleitung: Die Chromosomen 1p/19q-Ko-Deletion ist ein robuster molekularer Marker für die Diagnose von oligodendroglialen Tumoren und wurde in die modifizierte WHO-Klassifikation von 2016 aufgenommen. Obwohl die Behandlung des Oligodendroglioms umstritten ist, gilt die Upfront-Chemotherapie als eine der Behandlungsoptionen für niedriggradige Tumore. Wir haben alle 1p/19q ko-deletierten Oligodendrogliome, sowohl Grad II als auch III, mit Upfront-Chemotherapie ohne konventionelle Strahlentherapie seit 20 Jahren behandelt. Die klinischen Erfahrungen aus dieser Studie können für das Verständnis der biologischen Eigenschaften von Oligodendrogliomen mit 1p/19q-Ko-Deletion in Richtung Präzisionsmedizin von Bedeutung sein.
Methoden: Es handelt sich um eine retrospektive Langzeitdatenerhebung der nicht-selektierten Patienten mit 1p/19q-Kodeletion-Oligodendrogliomen, die einheitlich mit einer Up-Front-Chemotherapie behandelt wurden. Siebzig konsekutive Patienten (48 mit Grad II und 22 mit Grad III Tumoren) wurden eingeschlossen.
Ergebnisse: Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 13 Jahre. Die 5-, 10- und 15-Jahresraten des progressionsfreien Überlebens (PFS) betrugen 85,7 %, 54,8 % bzw. 31,5 %, das mediane PFS 146 Monate. In den meisten Fällen blieb das Tumorrezidiv lokal und konnte durch eine Salvage-Operation und/oder Chemotherapie kontrolliert werden. Die 5-, 10- und 15-Jahres-Gesamtüberlebensraten (OS) betrugen 96,8 %, 88,7 % bzw. 80,0 %, und das mediane OS wurde nicht erreicht. Diese Überlebensdaten sind im Vergleich zu früheren großen klinischen Studien mit Strahlentherapie günstig. Tumorgrade basierend auf der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation, Ausmaß der Operation und Alter beeinflussten weder PFS noch OS. Die meisten Patienten waren in der Lage, in ihr soziales Leben vor der Operation zurückzukehren.
Schlussfolgerungen: Die Langzeitergebnisse aus 20-jähriger Single-Institution-Erfahrung zeigen, dass Patienten mit 1p/19q-kodeletierten Oligodendrogliomen erfolgreich mit einer Up-Front-Chemotherapie allein behandelt werden können, ohne das OS zu beeinträchtigen.